Pressestimmen
 
   
16 (R)EVOLUTIONS

Pressestimmen zur Deutschen Erstaufführung am 22.06.2006
 
 
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Mark Coniglio ist ein ausgewiesener Pionier in Sachen neuer Technologie und hat bei zwei Arbeitsaufenthalten hier seinem Stück mit Hilfe des Wissens aus dem Forum Neues Musiktheater technisch den letzten Schliff gegeben. Und so erleben wir eine schöne neue Welt, in der Bilder, Bewegungen und Klänge – mal technisch laut, mal ganz konventionell dem Ohr schmeichelnd – sich gegenseitig bedingen: Auf dem Körper einer Frau pulsiert ein Lichtpunkt, der mit der Intensität des Atems anschwillt, dann wirft sie mit einem animalischen Gebell projizierte Muster durcheinander. Später werden die Körper der Tänzer die Ornamente einer Lichttapete verdrängen, werden sich mit Hilfe schwarzer und weißer Schatten vervielfachen. Vielleicht ist dieses Wunder aus Licht ein Symbol für die Höchstleistungen, zu denen der Verstand des Menschen fähig ist und das in schönstem Kontrast zur Bestie steht, die noch in seiner Brust schlummert. Was das beeindruckende an 16 [R]evolutions ist? Der Körper ist nicht einfach Projektionsfläche und Auslöser komplexer Vorgänge, sondern verflicht inhaltliche Aspekte und technische Wunder zu einem Gesamtkonzept.
Stuttgarter Nachrichten

Es ist eine faszinierende neue Computertechnik, die der New Yorker Medienkünstler Mark Coniglio und seine Tanzkompanie Troika Ranch im Forum Neues Musiktheater vorgestellt haben. Vor einem Jahr hatte William Forsythe hier bereits die akustische Computer-Software gezeigt, mit der seine Tänzer ihre Begleit„musik“ in dem Moment herstellen, in dem sie tanzen. Bei Coniglio kommt nun auch noch das Bild dazu: computergenerierte Grafiken und Videobilder, die nicht einfach - wie bisher üblich - auf eine Leinwand oder auf die Tänzer projiziert werden, sondern aus dem Tanz entstehen, durch die Bewegung und die Geräusche der Tänzer. Das Ergebnis sieht aus wie eine Mischung aus Pina Bausch und Lara Croft - traditionelles Tanztheater kombiniert mit raffinierten Computergrafiken. (…) Das überlaut verstärkte Kauen von Cornflakes generiert geometrische Grafiken, Striche schlagen aus wie nervöse Zeiger, ein orangenes Geflecht wogt je nach Lärmpegel über den Tänzern hin und her - faszinierende Bilder, die ihr Erfinder und Programmierer Mark Coniglio mit „eher Mondrian als Klimt“ beschreibt.
Eßlinger Zeitung

„I"m telling you: this is a very special place.“ Mark Coniglio weiß, wovon er spricht. Als Komponist, Programmierer und Medienkünstler ist der New Yorker, der einst bei Morton Subotnick in Kalifornien studierte, einer der weltweit anerkannten Pioniere einer multimedialen Performancekunst zwischen Video, Musik und den Bewegungen des menschlichen Körpers. Und als solcher hat er verschiedene Orte gesehen, unter denen das Stuttgarter Forum Neues Musiktheater einen herausragenden Rang einnimmt. Coniglio sagt dies nicht wegen des ganz speziellen Ambientes im Römerkastell. Er meint auch nicht das hoch motivierte Publikum, das sich regelmäßig zu den Veranstaltungen des seit drei Jahren bestehenden Forums einfindet. Ihm geht es einzig und allein um die exzellenten Arbeitsmöglichkeiten, die dieses Laboratorium neuester Performancekunst jenseits der etablierten Kategorien, trotz eines bescheidenen Etats, für seine Arbeit bietet. Die Produktion 16 (R)evolutions hat Coniglio, zusammen mit der Choreografin Dawn Stoppiello und der Tanzcompagnie Troika Ranch, zum Teil am Forum Neues Musiktheater entwickelt. Und die Compagnie hat dort auch bereits im letzten November, noch vor der New Yorker Uraufführung, eine frühe Version vorgestellt. Die jetzige deutsche Erstaufführung kommt also genau genommen dorthin zurück, wo das Projekt seinen Ausgangspunkt hatte. (…) Trotz aller Dramaturgie verhält es sich hier keineswegs so, dass die Tänzer einer fest gefügten Choreografie nach einer durchkomponierten Musik folgen. Zwar ist ein Gutteil der Musik, schon allein auf Grund heute noch bestehender Systemgrenzen, vorher auskomponiert. Doch es gibt Passagen, wo die Bewegung der Tänzer Klänge und Bilder steuert. Dies aber bedeutet, dass die Choreografie nicht alles bis ins Detail festlegt, sondern Raum für ein intuitives, improvisierendes Vorgehen freihält. Der Komponist entpuppt sich hier, nicht nur im landläufig informatischen Sinn, sondern auch ganz wörtlich als Programmierer: Er schreibt nicht Noten aufs Papier, sondern definiert die Grundregeln, nach denen Video, Musik und Tanz aufeinander reagieren und zu einer Einheit verschmelzen. (…) Der hohe Grad der Integration der Medien und Kunstformen reicht jedoch heute weit über traditionelle Formen der Zusammenwirkung zwischen Ton-, Bild- und darstellenden Künsten hinaus. Sollte sich die Arbeit des Forums Neues Musiktheater im Römerkastell dort künftig nicht in derselben Weise fortsetzen, wird das den Lauf der Welt nicht aufhalten. Die Entwicklung wird anderswo stattfinden. Schade nur um den Standort und die mit viel Herzblut aufgebauten Ressourcen.
Stuttgarter Zeitung